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Side – Ich will es, aber nicht von hinten!

Wenn man an den Geschlechtsverkehr von homosexuellen Männern denkt, dann kommt einem ein Begriff meist sehr schnell in den Sinn: Analverkehr. Wir möchten euch in diesem Zusammenhang den Begriff „Side“ erklären und warum es diesen Personen wichtig ist den Akt nicht nur auf den Analverkehr zu reduzieren.

Männer: Die „Wesen“ mit dem Y-Chromosom (hemizygot, XY) und das biologische Pendant zu Frauen mit dem Doppel-X-Chromosom (homozygot, XX). Doch manche Männer mögen es anders. So gehen Männer heutzutage Beziehungen mit Frauen, Männer, Transfrauen, Transmännern und nicht binären Personen ein. Und wenn es um das Thema Sex geht, dann ist es für einen Mann relativ einfach: Er steckt sein Ding irgendwo rein. Das kann ein Mund, eine Vagina oder ein Anus sein. Alternativ kann es auch sein, dass nicht er sein Ding irgendwo reinschiebt, sondern ihm etwas reingeschoben wird. Und bei einigen Männern ist das ein absolutes Tabu. Woher kommt das?

Top oder Bottom?

Vor einiger Zeit hat sich ein junger Mann bei uns gemeldet, der dem Thema BDSM gegenüber sehr neugierig war. Um ihn bei diesen Themen besser unterstützen zu können, fragten wir ihn, ob er „Top oder Bottom“ ist. Die Antwort war: „Ich bin Side, ich praktiziere keinen Analverkehr“. Wir haben unsere Frage dann noch einmal konkretisiert und gefragt, ob er lieber „dominant oder devot“ ist. Da verstand er, was wir ursprünglich meinten.

So versteht man im Bereich BDSM unter den Betriff „Top“ eine dominante Person, im (vorrangig) schwulen Sprachgebrauch bedeutet Top auch einen beim Analverkehr aktiven männlichen Partner. Und bei Bottom ist es ähnlich. Ist ein Bottom im BDSM eine devote Person, so ist es außerhalb von BDSM ein beim Analverkehr passiver (empfangender) männlicher Partner.

Den Begriff Switch gibt es hingegen beim Analverkehr nicht. Hier wird international der Begriff „versatile“ (also vielseitig) verwendet. Die meisten Personen haben den Begriff schon häufig unbewusst verwendet mit der Abkürzung DVD (Digital Versatile Disc, also eine digitale vielseitige Scheibe). Im Bezug auf den Geschlechtsverkehr bedeutet „versatile“ also, dass der männliche Partner beim Analverkehr sowohl aktiv (gebend) als auch passiv (empfangend) ist, eben vielseitig. Doch dann gibt es Männer, die weder aktiv, noch passiv, noch versatile sind. Und ein weitverbreiteter Irrglaube unter Homosexuellen ist, dass nur Analverkehr richtiger Geschlechtsverkehr ist.

Wo beginnt Sex?

Der Begriff Geschlechtsverkehr bezeichnet die sexuelle Vereinigung zweier Sexualpartner. Der Begriff wurde allerdings im Laufe der Jahre erweitert und beschränkt sich nicht nur auf den Akt zwischen Mann und Frau (Vaginalverkehr), sondern inzwischen auch homosexuelle und nicht-penetrative Sexualpraktiken. Gerade der letzte Aspekt, also Sexualpraktiken ohne Penetration (physisches Eindringen in die Vagina oder Anus), möchten wir uns näher betrachten. Und dabei kommen wir zum Begriff „Side“.

Side – Herkunft und Bedeutung

Der US-amerikanische Sexualwissenschaftler Dr. Joe Kort hat im Jahr 2013 den Begriff „Side“ in den Umlauf gebracht, welcher einen schwulen Mann bezeichnet, der keinen Analverkehr praktiziert, weder aktiv noch passiv. Da unter homosexuellen Männern der Analverkehr stark verbreitet ist, haben sogenannte „Sides“ damit zu kämpfen, nicht von der schwulen Gesellschaft ausgeschlossen zu werden. Es geht so weit, dass manche Sides sich dafür schämen keinen Analverkehr zu betreiben. Dieses Schamgefühl ist aus unserer Sicht aber falsch und deshalb haben wir beschlossen dem Thema einen eigenen Beitrag zu widmen.

Gründe gegen den Analverkehr

Wie bei allen „Außenseitern“ suchen die Mitmenschen nach Gründen, um die Entscheidungen nachvollziehen zu können. Wenn jemand keinen Alkohol trinkt, dann wird dieser das Gefühl kennen. „Wie, du trinkst keinen Alkohol? Ach komm, ein Schnaps geht schon!“ – NEIN! Das kann man in sehr viele Dinge gedanklich übertragen. „Komm, zieh doch einmal an der Kippe!“ – NEIN!

Wir haben mit mehreren Personen gesprochen, die Analverkehr nicht oder nur selten praktizieren. Die haben uns ein paar Gründe genannt, warum Analverkehr nicht zu ihrer bevorzugten Penetration gehört.

  • Vorbereitung aus Hygienegründen zu groß (Analbereich spülen)
  • „schmutzige“ Sexualpraktik
  • Schmerzen im Analbereit
  • Anus zu eng
  • Angst den Schließmuskel zu verletzen
  • Prostataprobleme
  • etc.

Wenn ein Mann sagt, dass er „Side“ ist, dann muss man das nicht hinterfragen. Sollte er von sich aus davon sprechen wollen, dann wird er es tun. Da immer noch viele mit dem Begriff „Side“ wenig anfangen können, heißt es meist nur kurz „Analverkehr ist tabu“. Bis sich der Begriff weiter verbreitet hat, werden sich Männer, welche die anale Penetration nicht wollen, weiter einer Diskussion stellen. Sprüche wie „du musst nur mal richtig eingeritten werden“ oder „ich bin auch ganz sanft beim Eindringen“ könnt ihr euch sparen. NEIN heißt NEIN!

Dating-Apps

Einige Betreiber von Dating-Apps haben den Ruf ihrer User gehört und den Begriff „Side“ bei der Auswahl der sexuellen Position ergänzt. So kann man bei manchen Apps neben Top, eher Top, Versatile, eher Bottom, Bottom nun auch Side auswählen. Bei anderen Portalen kann man beim Analverkehr schlicht „ja oder nein“ angeben.

Ende von Scham und Stigmatisierung

Leider werden immer noch viele Personen ausgeschlossen, die „anders“ sind. Gerade Homosexuelle kennen das sehr gut. Und dennoch kommt es innerhalb der schwulen Szene zu Stigmatisierung und Ausschlüssen. Es gibt im Bezug auf Sides noch weitere Irrglauben. Ein Irrglaube ist, dass ein Side gar keinen Sex haben möchte. Dies stimmt aber nicht. Es gibt viele Sides, die den homosexuellen Geschlechtsverkehr in diversen Praktiken vollziehen, nur der klassische Analverkehr bleibt dabei aus. Wenn ihr also einen Side trefft, dann bedeutet es nicht, dass er keinen Sex haben möchte, sondern nur, dass er keinen Analverkehr haben möchte. Ein weiterer Irrglaube ist, dass ein Side nur keinen „echten Penis“ in sich haben möchte, ein künstliches Glied (Dildo oder Plug) hingegen schon. Nein! Ein Side will nichts in seinem Hintern und auch keine Stimulierung des Analbereichs wie zum Beispiel beim Rimming.

Fazit

Wir hoffen, dass euch dieser Artikel dabei hilft Männer zu verstehen, die keinen Analverkehr praktizieren. Sprecht immer offen zu eurem Sexualpartner, was ihr mögt und was tabu ist. Ein „Nein“ muss akzeptiert werden. Sollte ein Partner ein Nein nicht akzeptieren, dann wird er nicht der passende Sexualpartner für euch sein. Und wenn jemand doch unbedingt in euch eindringen möchte, dann verschließt ihn doch ganz einfach in einem Keuschheitsgürtel, dann hat sich das Thema relativ schnell erledigt, wenn er „entwaffnet“ ist. Passt aufeinander auf!

Veröffentlicht von

Dennis

Mentor und Berater im Bereich Fetisch und BDSM. Du möchtest dich über Fetisch und BDSM unterhalten? Kommt gern auf mich zu. Egal ob Einsteiger oder Profi, ich unterstütze dich gern!

Ein Gedanke zu „Side – Ich will es, aber nicht von hinten!“

  1. Wenn die Sider kein Anal mögen, was machen die dann? Ich bin mal so frei und geh davon aus, dass, wer kein Anal haben willl, auch kein Anal gibt, was bleibt dann also übrig? Blowjobs und Handjobs? Ist das auch nachhaltig befriedigend (kann ich mir grad bei Letzterem nicht vorstellen; sonst würden wir alle nur onanieren und hätten keinen Grund uns Partner zu suchen)? Gibt’s noch eine Praktik, die ich jetzt nicht erwähnt habe? Oder ist das gar nicht so wichtig?

    Gruß
    Eriktion

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